Berlin: Über 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland bewerten die Bedingungen am Wirtschaftsstandort Deutschland als nicht gut oder sogar als schlecht. Zu diesem Ergebnis kommt eine forsa-Umfrage im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA. Eine Stimmung, die sich auch in jüngsten Umfragen der Textil- und Modeindustrie widerspiegelt. So gaben über 60 Prozent der befragten deutschen Unternehmen im Kontext einer Umfrage des europäischen Textilverbandes EURATEX an, keine Investitionen am Standort Deutschland tägigen zu wollen.
Ein verheerendes Signal, wie der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, Uwe Mazura, resümiert: „Das zweite Rezessionsjahr in Folge zwingt selbst robuste Unternehmen in die Knie. Alle Kerndaten entwickeln sich negativ. Besonders bitter sind die steigenden Gewerbeabmeldungen in der Textil- und Modeindustrie mit der Begründung „Fortzug“. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht schnell etwas gegen diesen Dominoeffekt unternimmt, verliert Deutschland nicht nur Wohlstand, sondern alle Fähigkeiten, die industrielle Transformation zu gestalten.“
Als Hauptgrund für ihre wirtschaftlichen Probleme benennen die Unternehmen der deutschen Textil- und Modeindustrie Energiepreise, die weit weg von jeder Wettbewerbsfähigkeit sind sowie überbordende Bürokratie mit völlig realitätsfernen Berichtspflichten, die nur Mehraufwand produzieren, aber keinen Mehrwert haben. Hauptgeschäftsführer Mazura: „Für das, was jetzt zu tun ist, braucht es keine Alibi-Industriegipfel im Kanzleramt: Entfesseln und Kosten senken, damit die mittelständische Industrie wieder wettbewerbsfähig ist – heißt das Gebot der Stunde und Papiertiger, wie das Lieferkettengesetz, mit der Kettensäge wegbolzen, wie es Wirtschaftsminister Habeck bildlich beschrieben hat. Während Brüssel und Berlin endlos und ergebnislos debattieren, sterben jeden Tag weitere Unternehmen oder verlassen den Standort und das mit Produkten, die innovativ und nachhaltig sind. Hochwertige Bekleidungs- und Schuhmarken sowie Hersteller weltweit gefragter Spezialtextilien fordern einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Industriepolitik jetzt, damit sie auch morgen am Standort Deutschland noch produzieren, gute Arbeitsplätze sichern, ausbilden und Steuern zahlen können.“
In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Unternehmen im Textilbereich um 6,5 Prozent zurückgegangen, bei Bekleidung um 15,8 Prozent, insgesamt also ein Minus von 8,5 Prozent. Die bisherige Jahresbilanz für die rund 1 400 Unternehmen der Branche ist in allen Segmenten durchweg enttäuschend. Die Umsätze gingen in den ersten acht Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um weitere 4,9 Prozent zurück, die Zahl der Unternehmen sank weiter um 4,6 Prozent und die Zahl der Beschäftigten um 4,2 Prozent.
Finden Sie hier weitere interessante Inhalte